Südfrüchte
in den Süden geschmuggelt

auch von ONKEL MAX !

tun hat. Abgesehen von den putzigen Homos war das Spiel nicht sehr interessant. Die beiden Elfen rannten herum, das Publikum pöbelte und erging sich in bierseligen Besserwissereien, in der Pause brachte die große Anzeigentafel merkwürdigerweise Bilder vom Steglitzer Bierpinsel und vom Ernst-Reuter-Platz, und nach der Pause gab es einen Seitenwechsel, was eine verwirrende und doofe Angewohnheit ist, die nur dann Sinn hätte, wenn die eine Seite des Feldes total matschig und die andere trocken und staubig wäre, was aber nicht der Fall war. Die drei Tore fielen innerhalb drei Minuten. Alles erhob sich, außer mir und den beiden Homos vor mir, die stattdessen klatschten wie Kulturmenschen nach einem Auftritt von Edith Clever. Die Mannschaft von Arminia Bielefeld hat übrigens einen sehr attraktiven Abwehrspieler namens Damir Simac, der natürlich längst nicht so dämonisch ist wie ROBERT SCHRÖDER. Wer das ist? Ein neuer Tagesschausprecher! Er erschien auf dem Bildschirm nach dem Grand Prix d'Eurovision de la chanson, den ich auch dieses Jahr tapfer durchgestanden habe. Er erschien, und ich sagte unwillkürlich: Oh! Dieser seltsam herbe Mittelscheitelträger schaut einem direkt in die Seele: ein betörendes Gift dampft aus seinen Augenhöhlen, eine Art lüsterner Drohung liegt ihm in der Stimme, selbst wenn er nur etwas von "drusischen Milizen" oder der "Hisbollah" berichtet. Wird man diesem feuerentfachendem Manne eine Chance für 20.15 geben?
Typofix

Sollte sich jemand fragen, woher ich diese sehr ziersamen Zeichnungen habe: Sie entstammen einem Bogen "Typofix", dem DDR-Letraset, erworben in der alten Hansestadt Stralsund, wohin ich letzte Woche in einem ein Vierteljahrhundert altem Trabant freundlicherweise von Fritz aus Ost-Berlin gefahren wurde. Auf dem Weg dorthin kamen wir auch durch die Kleinstadt Pasewalk, wo ich eine Schwarzweißpostkarte von einer Kaufhalle kaufte, die auf den Kopf gestellt aussieht wie eine Schwarzweißpostkarte von einer KZ-Gedenkstätte. Wir kamen auch durch die alte Universitätsstadt Greifswald, wo wir im Ratskeller überbackenen Käse vertilgten. Die Bedienung plazierte uns leider an einen Tisch voller uniformierter Volkspolizisten, deren Konversation sofort erstarb, worauf Fritz begann, extra laut von Ausreiseanträgen zu reden, was mir ein wenig unangenehm war. In Stralsund kehrten wir im "Gastmahl des
Meeres" ein. In der DDR esse ich nämlich immer Fisch seit neuestem. Ab und zu zur Not mal Fisch, das ist vertretbar, glaube ich. Ich bestellte "Indischen Seefisch". Was man sich an der Ostsee unter Indien vorstellt, ist bemerkenswert: In der Mitte des Tellers befand sich der Fisch, aber völlig bedeckt von einer rote-Beete-geröteten Soße, mit der man bei uns Heringssalat anmacht. Rings herum lag folgendes Arrangement: Sauerkraut, gehobelte Gewürzgurken, Ananas, Silberzwiebeln, 1 alkoholtriefende Marachino-Kirsche, 5 Sauerkirschen, 1 Cocktailwürstchen (gab ich Fritz), Petersilie, geraspelte Karotten. Es hätte mich gar nicht gewundert, wenn auch noch ein paar Zigaretten dazwischen gelegen hätten. Lustig war es auch im Meereskundlichen Museum. Es ist in einer Kirche untergebracht, und als wir in der ersten Abteilung waren, rief uns eine Wärterin zu: "Ich will Sie ja nicht hetzen, aber wir schließen um fünf und Sie müssen noch durch drei Abteilungen!" Nachdem wir dann in die nächste Abteilung geeilt waren, kam wieder eine Frau, und die sprach: "Sie müssen sich beeilen! Wir schließen um fünf, und Sie müssen noch durch zwei Abteilungen!" So kam es, daß wir schon um halb fünf mit dem Museum fertig waren, und Zeit genug hatten, zu beobachten, wie fesche Marine-Soldaten mit Diolen-Einkaufsbeuteln in der Hand junge Serviererinnen vom Eiscafé abholten, zwecks Munkeln im Dunkeln vermutlich. Stralsund, das man auf der ersten Silbe betont, ist eine schöne und heimelige Stadt, in der ich unter anderen politischen Voraussetzungen nur allzu gerne leben würde, was ich von Eisenhüttenstadt, wo ich vor drei Wochen weilte, nicht sagen kann. Diese 1951 gegründete, ehedem "Stalinstadt" genannte, "erste sozialistische Stadt der DDR", ist eine städtebauliche Leiche. Im Reisebuch stand etws von "verschnörkelten Kunststoffstühlen, auf denen die Eisenhüttenstädter in Straßencafés Eis für 1M essen", aber keine Spur davon. Die letzte Kinovorstellung beginnt um 17.00. Nichts als menschenleere Straßen und brave, graue Dreigeschosser mit Dreizimmerwohnungen. Ich habe vor einigen Jahren mal eine Eisenhüttenstädterin in Ungarn in der Eisenbahn kennengelernt und ihr zwei Koffer in die Ablage heben dürfen. Auf meine Frage nach dem Inhalt sagte sie "Wassermelonen". Sonst hatte sie kein Gepäck.
Typofix
<- Zurück
© 1988 Ich und mein Staubsauger    [Zurück zum Titel]