Böse Attacken und unholde Anschuldigungen
laufen seitens staubsaugerschreibender Kollegen gegen meine Person, in der
unrühmlichen Absicht, mich als einen Scheinheiligen, einen Pharisäer
darzustellen. Michael Gerhard beklagt in dieser Ausgabe Vegetarier, die
noch vor wenigen Monaten über seine Rouladen hergefallen sein sollen.
Tom "Der kleine Punkjunge" Scheutzlich erwähnte im letzten Heft einen
Vegetarier, der in einem Döner-Laden "rückfällig
geworden" sei. Gemeint bin wohl in beiden Fällen ich. Über ersteres
will ich verlauten, daß ich tatsächlich die Rouladen, die Michael
Gerhardts gute Mutter regelmäßig von der Heide an die Spree beamt,
gerne und gedankenlos durch meinen Schlund in meinen Magen schickte. Ich
will das jetzt keineswegs gegen die Hunderte von Hektolitern Kaffee und
Grünkernsuppe, die Onkel Michael an "Skogby", meinem modernen Tisch,
heruntergegurgelt bzw. -gelöffelt hat, aufrechnen, sondern lieber die
berechtigte Frage stellen: Kann man einem Menschen vorwerfen, daß
ihm erst spät, mit 29 Jahren, ein licht aufgegangen ist? Würde
der Papst einen Heiden tadeln, der erst im Alter zu Gott findet? Nie und
nimmer! Das Gute muß immer gutgeheißen werden, auch wenn es
noch so spät kommt. Zur Indiskretion des kleinen Punkjungen muß
gesagt werden: Vegetarier können nicht rückfällig werden.
Fleischverzehr ist keine Krankheit, sondern eine moralische Nachlässigkeit.
Wenn ich jemandem becks-gefüllt ein Stückchen Fleisch von seinem
Döner stiebitze, heißt das bestimmt nicht, daß ich gleich
einem von der Versuchung überwältigtem trockenen Alkoholiker mich
anschließend auf Wurst und Braten stürze, bis ich randvoll davon
bin. Wenn ein Vegetarier alle paar Monate ein Scheibchen Wurst ißt,
bleibt er trotzdem Vegetarier. Man sollte übrigens unterscheiden zwischen,
sagen wir mal, einem "amerikanischen" und einem "britischen" Vegetarismus.
Während beim ersten mehr aus gesundheitlichen, man kann ruhig sagen:
egoistischen Gründen auf Fleisch verzichtet wird, liegen dem zweiten
eher ökologisch/politische Erwägungen zugrunde. Da ich mich mehr
der zweiten Variante zurechne, trifft mich der Vorwurf, ein rauchender Vegetarier
sei unglaubwürdig, nicht im geringsten. Rauchen ist ökologisch
und moralisch hundertmal besser vertretbar als Fleischverzehr und Autofahren.
Ich will übrigens hier nicht genauer darauf eingehen, "was am Fleischessen
so schlimm sein soll", darüber gibt es ausreichend literatur. Volker
Elis Pilgrims "Zehn Gründe, auf Fleisch zu verzichten" (oder so ähnlich)
habe ich zwar nicht gelesen, aber angeblich steht da alles |
drin. Jedenfalls sollte ein Raucher,
dem einem Autofahrer oder Fleischfresser das Rauchen untersagt wird, diesem
den Dunst direktemang in die Fresse pusten und ihm den Krieg erklären.
An sich bin ich ja tolerant, aber diese Leute, die lauthalt Lamentos über
das böse Passivrauchen und den Pfui-Gestank singen, aber des angesichts
auch von den hiesiegen Ernährungsgepflogenheiten verursachten Elends
in der warmen Welt (Dritte Welt klingt blöd) und angesichts der gefolterten
Kreatur in der Intensivlandwirtschaft nur mit den Achseln zucken, gehen
mir auf die Nerven, die Eier, den Senkel und sonstwohin. Das mußte
einmal gesagt werden. 
Raucher organisieren sich. In den USA soll es schon ein paar Restaurants
geben, wo Nichtraucher keinen Zutritt haben. Das finde ich allerdings übertrieben.
Aber auch für rauchende Kinofreunde wird etwas getan. So wie es früher
z.B. das Genre des Mantel- und Degenfilms gab, scheint es jetzt den speziellen
"Rauch-Film" zu geben. Sowohl in dem ausgezeichneten amerikanischen Streifen
"Haus der Spiele" als auch in dem schönen finnischen Film "Im Schatten
des Paradieses" rauchen sämtliche Schauspieler unentwegt. An Szenen,
in denen sich jemand eine neue Zigarette an der letzten anzündet, herrscht
kein Mangel. Auch an Großaufnahmen von überfüllten Aschenbechern
wird in keinem der beiden Filme gespart. Natürlich gibt es auch Orte,
an denen nicht geraucht werden sollte. Würde z. B. der liebe Senat
entscheiden, in den öffentlichen Bädern spezielle Raucher-Becken
einzuführen, würde einer, der das als absolut alberne Entscheidung
bezeichnete, wahrscheinlich von allen Seiten Zustimmung einheimsen. Auch
Fußballspieler, die während des Matches rauchen, wären weder
modern noch originell. Neulich wurde ich übrigens zum ersten Mal in
meinem Leben im Olympiastadion Zeuge eines sogenannten Fußballspiels.
Vor mir saßen zwei Homosexuelle, was mich überraschte. Am überraschendsten
fand ich aber das Geräusch, das ein geblümtes Sitzkissen von sich
gab, als ein weiterer Blauweißbegeisterter Homosexueller drei Reihen
vor mir sich darauf fallen ließ. Die gegnerische Elf nannte sich übrigens
"Arminia Bielefeld", was sehr hübsch klingt. Bielefeld baut eine U-Bahn
- eine Bemerkung, die nichts und wieder nichts mit dem festdefinierten Thema
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