Gestern, in der Nacht vom 22. zum 23. Juli, wurde
ich von verschiedenen Berliner Persönlichkeiten in mehreren Berliner Nachtlokalen
in einer kurzen schwarzen Lederhose und obendrein in Begleitung einer sehr auffällig
gekleideten Bremer Lebedame gesehen. Über die Dame will ich schweigen.
Nicht aber über die Hose. Da ich nämlich in der letzten Ausgabe das
Tragen von zu kurzen Röcken bei den Frauen tadelte und sowieso schon lange
auf dem Wege bin, bei den geistig frischeren Vertretern der deutschen Jungeleutschaft
als moralische Instanz zu gelten, glaube ich, diese Seiten nutzen zu dürfen,
mein gestriges Auftreten zwar nicht zu rechtfertigen, aber doch wenigstens zu
erklären. Selbstverständlich sind kürze Hosen bei erwachsenen
Männern ebenso unbedingt abzulehnen wie Miniröcke bei Frauen und geschlechtsreifen
Mädchen, denn - ich verändere jetzt ein berühmtes Coco Chanel-Zitat
- das häßlichste an einem Menschen sind die Kniekehlen. Wer hier
anderer Meinung ist, der soll sich schämen, nicht in meine Nähe kommen,
sich mal im Spiegel ansehen oder mir umsonst meinen Plattenspieler reparieren.
Der eiert nämlich so. Doch ich verliere meinen Faden, zurück zu meiner
Hose: Insgesamt besitze ich sechs lange Hosen, die meisten davon im Jeans-Stil,
und von einigen behaupten Menschen, die mir nahe sind, daß sie recht modisch
seien und auch recht proper säßen. Besonders die eine dunkelgraue,
die ich die ich mit meiner Schwester, einer Biologiestudentin, in der Oldenburger
Fußgängerzone gekauft habe. Leider ist es aber doch oft so daß
man sich bekleckert, durch Matsch läuft oder jemanden in einer Wohngemeinschaft
besuchen muß, daß heißt, Hosen sind oft im Nu dreckig. Jaja,
man kann sie in die Waschmaschine stecken, oder, wenn man keine hat, wie das
bei mir der Fall ist, sie mit Wipp-Express im Handwaschbecken kalt waschen,
aber es ist doch oft auch so, daß man dazu einfach keine Zeit hat. Jedenfalls
war ich sechs Wochen nicht ins Waschcenter gekommen, und es war alles strunzschmutzig,
besonders die schöne Oldenburger Hose, die sogar hintenrum einigermaßen
sitzt, falls ich das beurteilen kann, weil man sich ja immer so verrenken muß,
wenn man im Spiegel kontrollieren will, wie seine Hose am Hintern sitzt. Es
ist übrigens eines der schönsten Ereignisse im Leben eines humorfähigen
Menschen, wenn man beobachten kann, wie jemand anders rückwärts im
Spiegel den Sitz seiner Hose begutachtet. Doch ich verliere den Faden, zurück
zu meiner Hose: Am 22. Juli um 15.00 war es endlich so weit: Ich hatte Zeit,
ins Waschcenter zu gehen, die Bremer Lebedame fuhr mich sogar hin. Es verlief
- zunächst - alles nach Plan: Wir steckten die Hosen in die Trommel (andere
Schmutzwäsche natürlich auch, z.B. Bettwäsche, Schlüpfer,
Strümpfchen etc.) und nach 30 min. war alles einigermaßen sauber.
Und nach dem Schleudern war alles schleudertrocken, wie man glaube ich sagt.
Nach der ersten Trockenperiode - eine Trockenperiode währt 15 min - waren
zwar die Socken und die Bettwäsche trocken, nicht aber die Hosen. Es hätte
noch einer zweiten Trockenperiode bedurft. Doch da fing die Bremer Lebedame
an zu maulen, sie wolle viel lieber ein Bier in einem netten Gartenlokal an
der Havel einnehmen, als weiter meine herumwirbelnden Hosen anzustarren. Das
verstand ich, und wir fuhren mit einem Mercedes voller feuchter Hosen nach Konradshöhe.
Zu Hause hängten wir die Hosen über die Heizung, was allerdings im
Juli nicht viel bringt. Nicht viel später erklang durch das wegen der sommerlichen
Witterung- geöffnete Fenster das Läuten der nahen Heilandskirche:
Zehn Uhr! Zeit, in Lokale zu gehen! Zehn Uhr! Die Nacht lockt! Wir durchsuchten
meinen Schrank und fanden - richtig! - die oben erwähnten Leder-Pants.
Es gab nun drei Möglichkeiten: l. mit einer feuchten Hose ausgehen und
sich ein Blasenleiden holen 2. zu Hause bleiben und die Bremer Lebedame alleine
ziehen lassen und drittens... ja - die Gäste des Pinguin Clubs und des
Kumpelnestes wurden kopfschüttelnde Zeugen, daß ich mich für
drittens entschieden habe. Schuld hatte die Lebedame. Sie meinte, ich hätte
ja recht schöne Männerbeine, insbesondere meine Waden seien recht
ansprechend. Das fand ich in der Tat schon immer. Es gibt sicher Dutzende von
Menschen in, Berlin, die sich erinnern können, daß ich ihnen schon
vor Jahren erzählt habe, das einzig perfekte an mir, oder sogar an Berlin,
seien meine Waden. Bestätigt wurde ich noch in der selben Nacht im Pinguin-Club,
als Volker Hauptvogel, der joviale Ausschenk, ein Bremerhavener übrigens,
auf mich zukam und rief: Du hast aber kräftige Waden! Dabei streichelte
er mir aber merkwürdigerweise über meine Schenkel. Das verbitterte
mich vorübergehend. Er hat meine Schenkel mit meinen Waden verwechselt.
Aber ich verzeihe, denn auch ich habe neulich etwas verwechselt: Ich stellte
meinen Suppentopf auf Herdplatte oben rechts, stellte aber Herdplatte unten
rechts an. Kein Wunder, daß die Suppe nicht fertigwurde! Doch ich verliere
den Faden zu meinen Waden: Ich habe wirklich wahnsinnig schöne Waden. Jedenfalls
verglichen mit meinen Armen oder den Waden meiner Kritiker. Kniekehlenmäßig
bin ich aber keinen Deut besser als fünf Milliarden anderer Menschen. Und
daher: Nie wieder kurze Hosen.
|