"Ich bin Anne von ICH UND MEIN STAUBSAUGER. Ich wollte gerne einen von euch interviewen, ihr seid nämlich meine Jugendhelden."
"Und wer ist die Jugend dabei, ich oder du?"
Solcherlei uncharmante Scherze überhöre ich immer. Einer der Plans findet sich bereit, mit mir zu reden.

Staubsauger: Ich habe bis 1984 eure ganzen Platten gehört und ich finde jetzt, ihr seid ernst geworden, irgendwie erwachsen. Früher habt ihr so nette Kinderlieder gemacht. Jetzt seid ihr so ernst, finde ich.
PLAN: Das ist bitter, nicht? Das hat man uns immer vorgeworfen, das wir so waren. Ja, ich meine, vielleicht wirst du auch einmal erwachsen und kannst dem wieder was abgewinnen. Das mit den kindlichen Nummern und so, das will ich auch nicht verleugnen. Aber ich denke mir manchmal, diese Nummern kann man nicht so oft hören - also ich zum Beispiel kann das nicht.
Staubsauger: Ich war übrigens letztes Jahr auf der Moritz Reichelt Performance im Künstlerhaus Bethanien.
Moritz Reichelt: Hast du etwa meine Rede gehört?
Staubsauger: Ja, natürlich, ich fand das super. Ich hab auch ein Flugblatt aufgehoben, das hängt bei mir neben dem Spiegel im Flur. Die Rede hat mir sehr gut gefallen, vor allen Dingen, weil ich mit einem Engländer verheiratet bin, konnte ich das so ungefähr nachvollziehen. (Zur Information: Die Rede war von der Verwandtschaft Britisch-Deutsch und ihren Einfluß auf die deutsche Kultur.)
Moritz Reichelt: Ja, die Engländer sind wohl unsere nächsten Verwandten, bloß daß wir eben nicht dieses Selbstbewußtsein haben, weil wir schon zweimal eins schwer aufs Dach gekriegt haben.
Staubsauger: Das schiebe ich mal beiseite.
Moritz: Klar, ich bin auch 1955 geboren.

(Wieso auch?)
Ich kam auf den Auftritt zurück.

Anne: Also irgendwie fand ich euch wie eine Band, die Unterhaltungsmusik für Studenten macht.
Moritz: Das ist aber nicht gerade ein Kompliment.
Anne: Ja, eben. Ich war heute nicht mit euch zufrieden.
Noritz: Wir können eben nicht auf die selbe Weise provozieren, wie wir das früher gemacht haben.
Anne: Ja, das ist klar, ich mache ja auch nicht die gleichen Sachen wie vor 5 Jahren
Moritz: Es kommt noch eine Sache dazu, ich wohne ja nicht mehr in Düsseldorf. Wir haben uns ein bißchen auseinandergelebt. Wenn ich ein Soloprojekt mache, dann glaube ich, daß ich expliziter bin (lt.Knaurs Lexikon: explizite - ausdrücklich).
Anne: Aber ich fand euch wirklich erschreckend. Als ich euch auf der Bühne sah mit diesen ekelhaft grinsenden Masken, da fand ich das echt schrecklich. Vielleicht wolltet ihr das, kann ja sein.
Der Plan - ein Fan packt aus Moritz: Das habe ich neulich schon mal zu jemandem gesagt: Diese Show ist viel mehr ein Reflex auf diese Welt. Wenn ich nächstes Mal etwas mache, dann wird das wohl von einem etwas positiveren Geist erfüllt sein. Ich lasse dann die ganzen Schrecknisse weg und mache dann etwas, wo ich toll dafür bin.
Anne: Deswegen mache ich diese Zeitschrift.
Moritz: Finde ich auch richtig, das fehlt hier auch am meisten. Früher sind wir immer zwei, drei Schritte zu weit gegangen und waren daher unverständlich. Und jetzt gehen wir ein ganz bißchen mit, was die Leute so beschäftigt.
Anne: Das ist aber ein echter Eierschalentanz, weißt du das? Man kann mit dieser Einstellung von den Medien ganz schnell ver(b)raten werden.
Moritz: Ja, die Art und Weise wie wir alles benutzen soll aber auch zeigen, das alle diese Dinge zu Ende sind. Also, wenn man bereits irgend so eine Punkgruppe auf so ein symbolisches Klischee reduzieren kann, dann ist das praktisch schon damit erledigt. Diese Schritte sind aber noch gar nicht gemacht von den Leuten. Deswegen muß erst noch einer ankommen und alles erledigen, und das ist eben dieser Kompromiß der kleinen Schritte.
Anne: Ja, okay, einige Leute können ihre Grenzen ziehen, aber heute, das Gros dieses Publikums, die haben das irgendwie nicht gemerkt. Die haben alles nur aufgesogen.

Wir werden von bürokratischen Einzelheiten unterbrochen, wie z.B.: Autogrammkarten, Fernsehauftritt - Planungen. Hotelunterkunft.

Moritz: Ich glaube, ich muß mich mal um meine Jungs kümmern.
Anne: Ja, kannst du gleich, wenn ich dich loslasse.
Moritz: Hast du denn noch viele Fragen?
Anne: Eigentlich nur noch eine Frage: Womit verdient ihr euer Geld? Von euren Auftritten könnt ihr ja nicht leben.
Moritz: Doch,könnten wir.
Anne (erstaunt): Aber ihr macht doch bestimmt was anderes als das? Sag doch mal, los!
Moritz: Nee!
Anne: Sag doch mal!
Moritz: Nee, jeder macht irgendetwas anderes.
Anne: Nun sag doch mal, was ihr macht. Los, was habt ihr für Berufe, was arbeitet ihr, ich sag dann ja auch, was wir machen.
Moritz: Wir waren drei Jahre nicht live unterwegs. Wir haben Filmmusik gemacht, solo verschiedene Sachen. Kurt (Pyrolator) z.B. macht Solo-LPs, bei Target II Musik und ist auch Studiotechniker. Frank produziert Gruppen, z.B. Minus Delta T. Und ich bin Maler.
Anne: Ja, das wollte ich nur noch wissen, und das wars auch schon. Tschüss.
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