Was ist besser? Duschen oder baden? Sitzen oder stehen? Onkel Max wirft Fragen auf ***** Onkel Max setzt auch auf dieser Seite Maßstäbe im Fanzine-Journalismus ****

Heute ist ein schöner Abend. Vor einer Stunde, während ich gerade aus einer von ulla Zitelmann angesagten TV-Sendung über Bambus erfuhr, daß Bambus nur einmal blüht und dann stirbt, rief mich eine resolute Tänzerin und bewährte Gospel-Bombe aus den USA an, um mir zu befehlen, ihr ein Flugticket zu kaufen, worauf ich ein Bad nahm und mir mit biologisch angebautem Pulver-Shampoo, daß Nicolai Panke aus Norderstedt so gut war mir zu schicken, die Haare wusch. Das Shampoo ist dermaßen ergiebig, daß man sich den Schaum von den Haaren herunterstreifen und sich damit dann die Füße waschen kann, eventuell sogar über den Umweg der Achselreinigung. Als ich mir also fröhlich und mit möglicherweise seligem Gesichtsausdruck die Zehenzwischenräume putzte, sprach eine Schwedin mit rauchiger Stimme auf meinen Anrufbeantworter und verlieh ihrer Freude über meine humorige Ansage niedlich radebrechend Ausdruck. Es ist wirklich ein gutes Gefühl und verspricht einen schönen Abend, wenn man im warmen Wasser liegend, im Nebenzimmer leise eine in Wirklichkeit kilometerweit entfernte Skandinavierin lachen hört. So was geht natürlich nur, wenn man eine Badewanne hat! Unter einer rauschenden Dusche hört man keine Schwedinnen, da könnten die noch so laut brüllen. Schon damals, in der Schule, gab es in meiner Klasse eine mehr romantisch-Künstlerhaft veranlagte Bade-Fraktion und eine rational-sportliche Dusch-Clique. Die Wortführerin der Anti-Badepro-Dusch-Gruppe, Dorothee Nabert, liebte es, ihr häufig vorgetragenes Hauptargument "Da liegt man ja in seinem eigenen Dreck" mimisch angewidert zu untermalen, wodurch ihre fleischigen lippen noch besser zur Geltung kamen. Diese auffälligen lippen veranlaßten mich zu jahrelang wiederholten scherzhaften Zeichnungen auf Schultafeln und in Klassenbücher, über die Dorothee, die jetzt Erzieherin ist, darüberhinaus in der Nase bohrte und ein Autogramm des Atomphysikers Otto Hahn besaß, oft sehr böse war:

lippen

Über die Dusch- oder Bade-Angelegenheit hinaus, die überall in Seminaren und Betrieben radikal und kompromißlos diskutiert werden sollte, möchte ich jetzt noch eine Frage aufwerfen, die manchen Leser eventuell erschüttern wird, aber eine ebenso freimütige Erörterung verdient, nämlich: "Ist es weibisch oder unstatthaft, wenn ein Mann im Sitzen uriniert?". Ich meine: Nein. Sitzen ist in dreierlei hinsicht praktischer: Erstens erreicht auf diese Weise die abzusondernde Flüssigkeit vollständig die Kanalisation. Zweitens hat man während des Sitzens die feine Gelegenheit zu grübeln, zu träumen u.ä. und drittens, wenn man schon mal sitzt, kommt ja vielleicht hinten auch noch was raus. Außerdem gibt es noch das viel zu wenig öffentliche Problem des "Nachtropfens". Über die unkonventionelle Art, wie eine mir bekannte junge Dame in dieser Angelegenheit verfährt, wenn sie in Gottes Freier Natur abwassert, will ich mit Rücksicht auf die betreffende Dame hier schweigen. Die Frage betraf ja ohnehin uns Männer. Durch das freie Baumeln des Gliedes beim Sitz-Urinieren ist vollständiges Austropfen garantiert und somit lästiges Nachtropfen ausgeschlossen. Beim Steh-Urinieren müsste man jedoch den gesamten Genitalapparatus incl. Hodensack auspacken und schütteln, um schlüpfervergilbendes Nachtropfen zu verhindern - ein Verfahren, das zumindest auf Theater- oder Restaurant-toiletten unüblich wäre. Unorthodoxe Vertikalurinisten haben - das weiß ich -häufig sehr verschmutzte Unterhöschen. Ich weiß, daß die weiblichen Leser und vermutlich auch die meisten männlichen diese Ausführungen mit einem Kopfschütteln quittieren werden, aber ich habe mich immer aufgefordert gefühlt, gerade den Tabu- oder Dämmerlichtzonen des menschlichen Miteinander besonders präzise Anteilnahme zukommen zu lassen, und fühle mich da durchaus kompetent. Daher weiß ich auch, daß vielen Männern zumindestens in öffentlichen Anstalten das pullernde Geräusch, daß sich beim Sitzen manchmal ergibt, peinlich ist, selbst wenn aus den Nachbarkabinen die abscheulichsten Explosionen herüberschallen. Man kann aber leicht mit einer Hand das zu Unrecht dämonisierte Mannesorgan in eine Richtung bewegen, in der es möglich ist, das plumpe kannenhafte Pullergeräusch in ein dezentes Spritzeln zu verwandeln. Ich will jetzt aber meine Gedanken heraus aus dem Malodeur der Latrinen an die frische Luft leiten, genauergesagt nach Lübeck, das ich neulich besuchte und wo es mit einem Mal dermaßen zu hageln begann - die in Unwetterberichten häufig bcschriebenen taubeneiergroßen Hagelkörner waren es aber nicht. Sie waren eher hagebuttengroß - daß ich mich unter das Holstentor flüchtete. Gegenüber von mir saßen zwei eventuell angetrunkene 17-jährige Punkmädel, die sich teils angewidert teils kichernd Texte aus vermutlich gestohlenen Hardcore-Pornos vorlasen, in einer Lautstärke, die mich vielleicht provozieren sollte. Vor dem Holstentor baute sich inzwischen - es hatte aufgehört zu hageln - eine Dutzendschaft von Corps-Studenten in voller Uniform und mit Degen zum Phototermin auf. Nach einer Weile hatten die Punkmädel genug von der klebrigen Prosa, warfen die Hefte auf die Bank und verzoqen sich. Das war den Herren Verbindungsstudenten nicht entgangen. Sie holten sich die Magazine, und der Photograph versuchte eine Viertelstunde lang genervt, die geifernd Unzucht betrachtenden Akademiker dazu zu bewegen, sich zu disziplinieren und fürs Gruppenbild zu posieren. Nach einigem Hin und her hatten die Studenten die Hefte in Jacken- oder Hosentaschen verborgen; und just in dem Moment als der Photograph auf den Auslöser drückte, rutschte einem seiner Modelle eines der vermaledeiten Magazine unten aus dem Hosenbein, worüber ich herzlich lachen mußte. Anschließend war es Zeit, der "Marzipanstadt mit Herz" den Rücken zuzukehren und mich in den Zug nach Hamburg zu setzen, wo ich noch am gleichen Abend in einer afrikanischen Discothek auf der Reeperbahn meiner gesamten Barschaft beraubt werden sollte, was mich eigenartigerweise nicht besonders ärgerte, sondern amüsierte, wovon hier aber nicht genauer die Rede sein muß. Vor geschickten Taschendieben habe ich aber offenbar mehr Respekt als vor arglosen Berlinern, die mit der Börse in der Gesäßtasche in zwielichtigen Lokalen herumspazieren. Viel sicherer ist es z.B. durch die mäßig schöne Stadt Cottbus bzw. Chosébuz (sorbisch) a.d. Spree zu spazieren, wo einem auch Lustiges passieren kann: Im Stadtzentrum musizierte gerade open air irgendeine DDR-Band. Das Publikum, ca. 100 junge Leute lauschte mäßig begeistert. Die Band spielte und spielte, aber plötzlich: Das gesamte Publikum rannte mit einem Mal weg! Was war geschehen? Die Straßenbahn war gekommen! Man wollte heim! Daraus habe ich gelernt, daß man niemals ein Konzert an einer Straßenbahnhaltestelle geben sollte. Aber auch sonst lohnt ein Besuch im Sorbenlande immer. Die in einem See gelegene Grabpyramide des Fürsten Pückler ist reizend anzuschauen, besonders wenn ein Graureiher drumherum stolziert. Der andere Pückler-Park, im 40 km weiter südöstlich gelegenen Bad Muskau lohnt weit weniger. Dort ist es nur laut, weil ständig Tiefflüge darüber donnern. Das einzige, was es zu sehen gibt, ist die Staatsgrenze nach Polen ("Friedensgrenze"), die frecherweise einfach mitten durch den Park verläuft. Sorbisch spricht natürlich kein Mensch. Trotz aller demonstrativ auf Straßenschildern und in Geschäftsbezeichnungen an den Tag gelegter Zweisprachigkeit ist das einzige sorbische Wort, was ein paar Leute beherrschen, dasjenige für "Sumpfdotterblume", weil die im Spreewald reichlich gedeiht. Trotzdem hätte es mir Spaß gemacht, unvermittelt Leute anzusprechen und zu sagen: "Erzählnse ma n Witz auf sorbisch !" Von dem schmuckbehangenen dünnen Männlein roten Schopfes, das durch Cottbus storchte, zu berichten , das mich Fritz antippen machte, um zu sagen, er solle mal schauen: 1 Schwuler Sorbe, worauf Fritz kein Interesse zeigte, will ich unterlassen, denn wie jeder weiß, sind Unwichtigkeiten nicht meine Sache. (Das war ein sehr quer formulierter Satz. Ich glaube aber, es ist immerhin möglich und legal, so zu formulieren. Zugegeben: Der Satzteil "zu berichten" steht an sehr gewagter Stelle. Aber die Leute wollen ja immer was Neues und Avantgardistisches.)

Jetzt will ich eine Zeichnung zitieren:

Zeichnung An dieser Stelle möchte ich alle meine Leser im anderen Teil Deutschlands grüßen, von Wismar bis Weimar, Zittau bis Zwickau, von Usedom bis an die Unstrut.

Ich weiß, jeder will wissen, wo ich diese schöne Zeichnung herhabe. Gemalt hat sie der begabte Tex Rubinowitz, der sich auch Knut Frykholm nennt, in der "Amerikanischen Krankenhaus-Zeitung", deren zweite Ausgabe unter dem Titel "Apostolische Krankenhaus-Gurgel" mir freundlicherweise gerade aus ihrem Erscheinungsort Wien zugesandt wurde. Ich sehe in dieser Postille eine wertvolle Bereicherung der Fanzine-Szene, zumal auch überhaupt nichts über Rockmusik und schon gar nichts über "DJ Cuts" und "House" drinsteht. Stattdessen finden sich darin Fotokopien tschechischer Knäckebrote, herrlich langweilige Berichte über Staubläuse und viel zu weit Führende Cartoons. Ein bißchen gedankenreicher als der "Staubsauger", aber ebenso hübsch. Preis: 20 Schilling.Erscheint "angeblich monatlich". Bezug über: Tex Rubinowitz c/o Inge Meysel Verlag, Münzwardeingasse 2/4, A-l060 Wien. *** Nach einer Zeitschriftenempfehlung möchte ich jetzt eine Zeitschriftenwarnung aussprechen: KAUFT JA NICHT DAS "BIER-J0URNAL"! (Verlag CP-Produktion, erscheint unregelmäßig, DM 5.80). Das ganze Blatt ist eine einzige journalistische Ungezogenheit. Das sorglos zusammengesuchte Gequassel über Themen wie "Verhinderte Bier den Turmbau von Babel?", selbstverständlich dekoriert mit attraktiven Blondinen, die Bier trinken, ist schier nicht zum Aushalten. Am blödesten das Bier-Horoskop. Mir z.B. (Jungfrau) rät es folgendes:
"Mit Karriere-Gedanken im Hinterkopf trinkt es sich schlecht. Wenn Sie den Abend genießen wollen, lassen sie es locker angehen. Auch mal einen kleinen Ausrutscher akzeptieren. liegt schließlich nur am Alkohol". Den Widdern wird gesagt: "Sie sind sonst sehr zaghaft, achten aber penibel darauf, daß Ihre Freundin nicht zum Glas greift. Das nutzt nichts. Sehen sie es gelassener. Ihr Partner ist alt genug, zu wissen, was er tut." Steinbock: "...Beim Pils werden Sie immer Freunde finden". Löwe: " Am Tresen ist jeder ein Kumpel". usw. usf. Was soll man dazu sagen? Ich sage nur: Auf Wiedersehen, liebe Leser, Margot, UIf, Manfred, Robert, ulla, Axel, Kai, Sonja, wie auch immer ihr heißen mögt. Ich liebe euch alle und bleibe euer lieber Onkel Max.

© 1988 Ich und mein Staubsauger    [Zurück zum Titel]