...und jetzt
KINO KINO

Frohe Kunde für alle liebhaber quietschender Vorhänge a la Odeon: es gibt ein neues nettes Kino (Komma) dessen Vorhänge das mit Abstand Lärmendste darstellen, was Berlin zur Zeit zu bieten hat. Das Olympia in der Kantstraße (kurz hinter Beate Uhse) gehört seit einiger Zeit zur Gilde der Programmkinos, ein schöner Aufstieg des ehemaligen Karate- und Busenpalastes. Geschmackvoll Im Stil der 50-er gehalten, kann es sogar mit Berlins liebreizendstem Psychobilly an der Kasse protzen. Und dann das Öffnen und Schließen des Vorhanges - ein Ereignis, das den Eintrittspreis voll gerechtfertigt. Es klingt, als würde eine Hundertschaft schnaufender Wallache durch eine Lagune aus brodelndem Erbseneintopf gejagt, oder als ob 20000 Walnüsse die Tribüne im Olympiastadion runterkullerten.
Ich schaute mir "Aria" an, eine Ansammlung von Opern-Videoclips zehn verschiedener Regisseure. Der blöde Godard lieferte natürlich den langweiligsten Beitrag (eine Vergewaltigung von Lully), Nicolas Roeg fiel nur albernes Zeug ein, aber dann gab es auch eine eindrucksvolle Schwarz-Weiß-Impression von Charles Sturidge (ich erwähne die Namen nur, weil sie vielleicht dem einen oder anderen Leser geläufig sind), eine recht ansprechende Groteske von Julian Temple, einen annehmbaren Ken Russel, einen unglaublich kitschigen "liebestod" mit viel Blut (Wagner a la Franc Roddam) und als Höhepunkt Derek Jarmans Episode sowie die sehr komische und packende Darstellung Robert Altmanns (nach Rameaus "Les Boreades").
Insgesamt recht lohnend für alle, die Opern lieben oder es einfach mal mit "dieser komischen Musik" (H. Kohl) versuchen wollen. Da das Olympia nicht voll war und ich finde, daß man Kinos dieser Art unterstützen sollte, ein Aufruf: Bitte geht ins Olympia! Berlins unglaublichster Kinovorhang erwartet euch!!!
© 1987 Ich und mein Staubsauger    [Zurück zum Titel]