Ich hatte mich also endlich nach Backstage durchgedrängelt und nagelte sofort Ale Sexfeind von den Goldenen Zitronen fest. Er wunderte sich, daß ich diesmal nicht betrunken war. Natürlich erzählte ich ihm von den Leiden einer Mutter, wenn man einen Kater hat, unausgeschlafen ist und so ein kleines Monster steht morgens um 8 Uhr an deinem Bett und will mit dir spielen. Leider kenne ich den Frankensteinfilm, in dem Frankenstein - Monster heiratet und so ein kleines Mönsterchen bekommt, nicht, von dem Ale jetzt erzählte. Das Riesenmonsterbaby soll jemanden mögen, der Otto heißt und kommt auch immer an und sagt: "Spielen, Otto, spielen." Ich bestätigte, das es so sei, nur heiße ich nicht Otto.

Dann stellte ich die Frage: "Wie ist es denn so, jetzt so berühmt zu sein?"
Ein langes Schweigen. Dann die Antwort: "Ich weiß nicht, ob wir berühmt sind." Ich mußte ihn also erst einmal über den Berühmtheitsgrad der Goldenen Zitronen aufklären. Er meinte: "Wir sind eine kleine Punkband. Was soll das? Das Ganze ist ja nur diese Thomas Anders Scheiße. Die Leute gehen dann in unser Konzert und denken, sie kriegen jetzt alles so Thomas Anders mäßig. Was sie aber sehen, ist ne knallharte (das sag ich mal so) Punkband. Entweder sie werden Punks oder sie kommen nie wieder." "Oder sie machen gar nichts" "Das kann auch sein."

Ich wußte keine Fragen mehr, also griff ich tief in die Klamottenkiste: "Was macht ihr gerade?" Antwort: "Wir machen gerade 'ne Tour. Erstmal die Warnung an alle Bands, nie nach Österreich zu gehen. Österreicher sind dumm. Faschistoid. -Aber sie haben sehr schöne Städte. Wien ist sehr schön, aber nur, wenn alle Leute das Maul halten. Ich habe ja auch 4 Jahre in Wien gelebt, daher weiß ich das."
"Ach so", fällt ihm ein, "Wir haben bei Clara Drechsler in Köln geschlafen." "Hat sie 'ne schöne Wohnung?" "Ja, wir sollen überall verbreiten, daß die Wohnung von Clara Drechsler aufgeräumt und sauber ist." "Stimmt das?" "Ja, es geht. Es sieht besser aus wie bei mir."

Wir kamen auf Kindererziehung zu sprechen. Ale erzählt: "Meine Eltern haben mich immer auf den Balkon geschoben, weil es damals in Elterkreisen hip war, daß Kinder viel frische Luft brauchen.
Damals haben wir in Lübeck gewohnt, und da war 'ne Ho-Chi-Min Demo vor der Tür. Nachmittags haben mich also meine Eltern reingeholt und da habe ich immer Ho-Chi-Min gekräht, von der Kundgebung draußen."
Is Ale Sexfeind a Lemon? Answers on a Postcard Ich sagte ihm, daß ich auf solche Geschichten für "Ich und mein Staubsauger" stehe. Da erzählte er weiter: "Wir wohnen am Fischmarkt, besprühte Wände, Mülleimer und all so was. Man kennt das ja. Und die Trash Groove Girls haben in Hamburg gespielt. Am nächsten Tag sitze ich mit meinem Kumpel Karsten zu Hause. Wir drehen gerade einen Film und sind am Schneiden. Und mein Mitbewohner sagt: Ey, guck mal raus, das glaubste nich! Wir zum Fenster gehechtet. Die Trash Groove Girls, harte Posen machend. Diese total widerlichen Schlampen. Und wir: Oh Gott. Handlungszwang. Wir müssen etwas tun. Das können wir nicht unkommentiert lassen.

Wir haben eine Box aus dem Fenster gehängt und SPK draufgelegt. Diese häßlichen aufgedunsenen Düsseldorfer Schlampen hielten sich die Ohren zu. Sind aber nicht gegangen und haben weiterhin ihre blöden Fotos gemacht. Wir in unsere Küche, ein Riesenberg Hausmüll. Wir also: Idee! Auf den Müll gestürzt und eine totale Schlacht geliefert. Wir haben die Trash Groove Girls von unserem Fenster aus mit Hausmüll bombardiert. Sie sind etwas weggegangen und da war dann ein toter Winkel und wir kriegten sie nicht mehr mit unseren Mülltüten. Dann kamen eben Kartoffeln. Zielwürfe mit Kartoffeln. Sie sind in drei Autos gestiegen und weg waren sie” "Also, auch wenn die Geschichte nicht stimmt ist sie gut." "Sie ist wahr, ich geb dir mein allergrößtes Pfadfinderehrenwort."

Theo kam und wollte ein Autogramm von den Zitronen für ihre neue Scheißladen - Autogrammwand.

Dann erzählte Ale, der Sozialpädagogikstudent, den blödesten Scherz von allen: Mit einem "Ficken Bumsen Blasen" T-Shirt der Toten Hosen in seine Mensa gehen und zugucken, wie den Leuten das Essen aus dem Mund fällt.

Übrigens machen die Zitronen Kassetten für Marianne Enzensberger, die in Radio 100,6 (Ja, Schamoni, was sonst) eine Moderation macht. Die Goldenen Zitronen schicken Tapes zu bestimmten Themen hin, die sie jedesmal spielt. Wie Marianne Enzensberger zu diesem Sender kommt? Nobody knows.............

Dann ging Ale die Mimmis angucken. Eine nette Plauderei.
<- Abend der Volksmusik
© 1987 Ich und mein Staubsauger    [Zurück zum Titel]