Die Jacob Sisters
Als ich erfuhr,daß die Jakob Sisters einen Rentennachmittag im Rathaus Reinickendorf mitmachen, habe ich mich sofort mit dem Veranstalter in Verbindung gesetzt, um noch eine Karte zu bekommen.Leider war dieses Ereignis schon ausverkauft, aber als ich sagte, daß ich ein Interview mit den Schwestern machen wollte, durfte ich zu den Proben kommen. Die Veranstaltung lief im Rahmen der 25-Jahr-Feier der Ernst Reuter-Halle, Jubiläen ohne Ende.
Mit von der Party waren: Horst Wendt als Moderator,eine kleine Big-Band, deren Name ich mir nicht merken konnte,der "singende Polizist" aus Wilmersdorf, die Jakob Sisters, Klaus Wendt, irgendeine langweilige Version der Comedian Harmonists und Bill Ramsey. Da ich weiß,wie scharf unser lieber guter Vincent von Paiz auf solche Attraktionen ist, habe ich ihn eingeladen, mich zu begleiten.
Jacob Sisters

Wußten Sie schon ...

... daß die Scala ihres musikalischen Repertoires von der sächsischen Hitparade, Musical, Evergreen, dem aktuellen Schlager bis hin zum Volkslied reicht....
...daß die Geschwister Jacob (echte Schwestern) in Sachsen geboren sind und schon mit 6 Jahren als "Schmannewitzer-Heidelerchen" (bei Leipzig) bekannt wurden. 1960 in Frankfurt am Main angekommen, waren Funk, Fernsehen, Schallplatte und der Film die Srarionen auf dem Weg ihrer Weltkarriere! In 16 Sprachen sangen sie sich auf unzähligen Tourneen durch die ganze Welt bis "Las Vegas", dem El Dorado des amerikanischen Showbuisness. In vielen TV-Gastspielen wie in "Dalli, Dalli", "Blauer Bock", "Großer Preis", "Lustige Musikanten", "Bio's Bahnhof" - ihrer eigenen TV-SHOW: "Sing, Sing, Sing", dem Film "Quartett im Bett" von Schamoni, einer großen Bühnenshow' und ihren Plattenerfolgen begeistern sie ihr Publikum in Deutschland!

Wir trafen uns um 12 Uhr am Leopoldplatz, um unsere Reise ans Ende der Welt anzutreten. Nach einigen Verirrungen gelangten wir in die Halle, ein wunderschönes Bauwerk der 50er Jahre, sehr atmosphärisch.Wir begegneten dem Veranstalter, Herrn Held, der sichtlich erstaunt war,daß ich nicht seinem telefonischem Bild entsprach. Ich drückte ihm auch sofort ein Exemplar unserer wundervollen Zeitschrift in die Hand. Die Jakob Sisters waren noch nicht da, aber wir durften uns schon hinsetzen und den Proben von Bill Ramsey lauschen. Er spielte natürlich seine Hits, und als die Proben vorbei waren, schlich er mit einem verzweifelten Gesicht an uns vorbei.Vielleicht lag es an der Band? Dann erschienen zwei der Jakobs. Verdutzt guckte ich auf die Bühne - die waren aber klein! Da kann mal sehen, wie das Fernsehen einen täuscht. Die Durchschnittsgröße beträgt 1,55 m (später erzählten sie uns, sie wären schon öfter aus Diskotheken hinausgebeten worden, weil der Besitzer dachte,sie wären erst 14).
Entschlossen marschierte ich auf die Nächststehende zu (es war Hannelore) und bat um ein Interview. Sie meinte, wir müßten noch auf die Dritte warten, die noch im Flugzeug säße. Also schauten wir den Beiden erst einma beim Proben zu.
Das waren echte Profis! Zuerst bekam die Band eins aufs Dach, denn sie waren wirklich nicht beisammen. Energisch setzte Johanna sich durch und trieb die Musik voran, während Hannelore mit dem Bühnenmeister die Beleuchtung aussuchte. Bei jedem Lied mußte die passende Beleuchtung stehen.
Es war sehr aufschlußreich,diese Arbeit mitanzusehen, denn hinter diesen Energie bündeln kann sich das Gros der "neuen deutschen Schlagerelite" verstecken. Der Auftritt rückte heran und die erste Rollstühle wurden hereingeschoben (die Sisters meinten:Scheintote). Die Dritte fehlte immer noch, aber inzwischen tummelten sich die Silberpudel auf der Bühne, wegen des kalten Wetters in karierte Deckchen gekleidet. Plötzlich kam Hannelore auf mich zu und fragte mich, ob ich bei ihrem Auftritt beim Umkleiden helfen könne. Da sagt man natürlich nicht nein, hinter der Bühne ist es sowieso am Interessantesten. Ich wurde also in die Reihenfolge der Haken und Reißverschlüsse eingeweiht (ich war vielleicht nervös) und erst jetzt weiß ich,was für eine Verantwortung auf einer Garderobiere lastet.
Bis zum Auftritt interviewte ich den Veranstalter,den man wirklich loben muß und der etwas Besseres verdient hätte als Zombie-Versammlungen. Er war auch mitverantwortlich für den Auftritt von Heino 1984 in Rehberge, den ich sehr genossen habe. Er meinte, es sei ganz einfach, solche Stars zu engagieren (Nachahmung erwünscht). Inzwischen hatten die SFB-Kameraleute ihre Maschinen installiert und der Saal füllte sich mit Rentnern. Rosi, die Fehlende, war immer noch nicht erschienen.
Ich ging hinter die Bühne,es ging los, und sofort fingen die Alten an, zu pöbeln, denn der SFB blendete die Leute erbarmungslos mit ihren Scheinwerfern. Entschuldigt von Horst Wendt,der das Einleitungsgerede hielt.Unsere "Generation" würde sagen: Gefasele! Aber den Alten gefiel es.
Hinter der Bühne das obligatorische Lampenfieber, zum Glück war inzwischen Rosi angekommen. Auf den Brettern spielte gerade "der singende Polizist" auf seiner Quetschkommode.Was einige Cops unter Humor verstehen, erübrigt jeden weiteren Kommentar. Dann spielte Klaus Wendt ein klassisches Stück auf dem Flügel. Es wollte einfach keine Stimmung aufkommen - aber dann waren die Jakob Sisters dran und brachten die Alten mit ihrem Lied "Hey, Hello, wir sind die Jacob Sisters" zum Aufwachen. Die drei Schwestern sangen ihr ausgesuchtes Repertoire, und bei jedem weiteren Lied stampften und klatschten die Rentner heftiger.
Dann kam der Part mit dem schnellen Kleiderwechsel. Vom Abenddress in das italienische Mieder und von da in das Holländische. Hannelore hat einen muskulösen, durchtrainierten Körper, und als die Opas ihre Beine sahen, begann sich in manch alter Hose noch etwas zu regen. Auf die Spitze trieben die Drei das Ganze, als sie sich vier Alte auf die Bühne holten und für jeden ein Lied sangen. Am Gefährlichsten wurde es, als eine bei dem Lied "Was machst Du mit dem Knie, lieber Hans" mit ihrem Bein zwischen das des Rentners ging und es hin- und herrieb. Im Publikum kreischten die Omis, und ich befürchtete mehrere Herzattacken. Die Jacob Sisters wissen wirklich, wie man einen Saal zum Kochen bringt.
Dann kam die Pause,und die Alten durften sich von dieser Aufregung erholen. Ich verabredete mit den Schwestern ein Interview in 20 Minuten, wir gingen auch Kaffee trinken. In der Pause sprachen wir mit einem der Kameraleute, und er kannte die Jacob Sisters noch nicht! Er war 27 Jahre alt und hatte wahrscheinlich Zeit seines Lebens auf dem Mond gelebt. Die Vorstellung fing wieder an, der SFB strahlte die Leute an,und wir schauten uns alles von der Seite an, weil alle Sitzplätze vergeben waren. Während der zweiten Hälfte der Veranstaltung mußte Hannelore noch einmal aul aie Bühne, weil ihr Hund durch das Programm tippelte.
Leider war es uns nicht möglich, während der Vorstellung in die Garderobe zu gelangen, da der Bühnen-Eingang von draußen nicht erreichbar war, und so konnten wir erst hinter die Bühne, als alles vorbei war. Da saßen die Jacob Sisters aber schon im Auto und waren auf dem Weg zum Schweizerhof, wo ich sie wegen weiterer Nachfragen anrufen sollte. Leider hatten sie Berlin aber schon verlassen, als ich dazu kam. Ich kann also jetzt nur noch in kurzen Sätzen die Informationen niederschreiben, die sie mir schnell zwischendurch mitgeteilt hatten.
Eigentlich waren sie einmal vier Jacob Sisters, bis eine von ihnen heiratete und ihr Mann ihr untersagte (sie drückten es etwas milder aus), weiterhin aufzutreten. Aber sie tritt jetzt immer auf, wenn eine der Drei ausfällt und sie macht die Fanpost. Ihre Autogrammadresse ist:
Rosemarie Jacob/Thies
Albert-Schweizerstr. 19
6072 Dreieich 5
Am 15. und am 16. Januar mußte Rosi einspringen, weil die andere Schwester mit Mumps im Bett liegt.
Deshalb treten die Jacob-Sisters laut Angaben der Schloßparktheater-Pressestelle am 4.2.1987 und am 25.2.1987 nur zu zweit in dem Theaterstück auf, dessen Name mir nicht einfallen will. Natürlich im Schloßpark-Theater. Sie spielen dort drei Sekretärinnen.
Zum Schluß dieses Berichtes muß ich noch unbedingt erwähnen,daß die Jacob Sisters sehr herzlich, lieb und nett waren, ich hatte erwartet,daß solchen Profis es langsam auf die Nerven fällt, von allen möglichen Leuten interviewt zu werden. Es war für mich die erholsamste Begegnung mit irgendwelchen Stars, die ich je hatte.
© 1987 Ich und mein Staubsauger    [Zurück zum Titel]