Die Goldenen Zitronen

Backstage! Die goldenen Zitronen fangen sofort an: sie werfen unserer wundervollen Zeitschrift vor, immer von quietschenden Gardinen und vom Trinken zu schreiben. Das Foto von Campino in Ausgabe 3 sei peinlich. Der Schlagzeuger findet alles platt. Seltsam, habe ich jemals ihnen vorgeworfen, immer die gleiche Musik zu spielen? Habe ich etwas Böses über sie gesagt? Ich habe mich noch einmal entschuldigt, daß ich beim Heinokonzert ihr Interview vergessen habe, ich hätte nur behalten, daß der Schlagzeuger 'Sort Sol' mag.
Dann kommt Derek in den Raum und alle wundern sich, daß er hereinge-lassen worden ist, denn im Vertrag würde stehen, daß keine Brillenträger Backstage dürften. Worauf hin ich meine Brille aus der Tasche holte und aufsetzte. Ich überlasse jetzt dem Gitarristen das Mikro und er fängt an mit:
"Ich heiße.... .wir machen seit.....mein Hobby ist.....", dann Stille. Immerhin kann ich jetzt einem aus der Nase ziehen, daß er Sozialpädagogik studiere. Glauben kann ich das allerdings nicht. Der Schlagzeuger mag meine Leserbriefe in der den deutschen Markt beherrschenden Musikzeitung lieber als die Interviews (es waren heute die ersten Interviews meines Lebens !). Sie werfen uns vor, daß wir bei jedem Interview betrunken seien. Ich glaube, die Zitronen waren stocknüchtern! Peter Illmann (Name wurde von der Redaktion geändert) stellte dann die Frage, wieso die Zitronen es veranworten können, auf Tournee zu gehen, während in Hamburg in der Hafenstraße die Häuser geräumt würden. Sie antworteten, sie wüßten nicht, was sie dazu sagen sollten und sie würden in der Bootsstraße wohnen.
Sie beschweren sich, daß Peter Illmann eine Brille trägt, worauf hin ich mich wieder genötigt fühle, mein Gestell aufzusetzen. Der Schlagzeuger meinte, sie sähe aus wie die von Clark Kent (stimmt!) und jetzt geht es zum Glück um so etwas unverfängliches wie die Supermann-Filme. Es stellt sich heraus, daß der Schlagzeuger ein romantisches Wesen ist.
Dann wollte der Gitarrist der Zitronen auf einmal Geld für das Interview, weil er dachte, ich verkaufe das Ganze an die Zeitschrift Tempo. Aber wir sind eine exklusive Zeitschrift und haben so einen Kuhhandel nicht nötig.
Der Gitarrist lobt dann den Schlagzeuger von Bad Ladies & the Wild Lovers, ihr eigener sei nur halb so gut und habe außerdem eine Hard-Core Vergangenheit. Zwischendurch werden immer Statements in das Mikro geschrien wie:
In Bremen wird viel schmutzige Wäsche gewaschen und: Die Suurbiers sind die wahren Ärzte.
Der Sänger der Band sei ein Pop-Punk-Fan, was immer das auch sei. Auf einmal fährt eine der Zitronen aus ihrer gelben Haut und wird sauer, ich habe den Namen Blixa Bargeld erwähnt. Endlich eine menschliche Regung! Keiner könne die Harmonie der Goldenen Zitronen stören, auch nicht 2 Brillenträger (Blixa trägt aber keine Brille!). Sowieso würden wir wie die Bravo schreiben (jawohl, die Tippse). Es entsteht fast eine Keilerei, weil Fabsi dazukommt, der durch meine Kritik an seiner Band sowieso furchtbar genervt ist. Als ich mich schon freute, eine Schlägerei Backstage mitzuerleben und sie warnte, doch bitte keine Brillenträger zu schlagen, kamen sie langsam wieder zur Besinnung. Ich ging.

© 1987 Ich und mein Staubsauger    [Zurück zum Titel]