Miami Vice

Samstag nachmittag: im Fernsehen läuft ein Film über Miamis Verbrecherbekämpfung wie es wirklich sein soll. Ca. 5-10 vermummte Gestalten schleichen durch einen Hochhauskorridor, dann werden Türen eingetreten, die entsicherten Waffen in den Händen - deshalb ist wohl anklopfen oder klingeln nicht drin.
Eine andere Szene: Fenster werden von oben Beschriebenen eingeschlagen, Schwarze überwältigt und auf dem Boden festgehalten, während tapfere Polizisten die Wohnung kräftig durchsuchen. Der Höhepunkt: die Fußbodenbretter werden mit einem Stemmeisen aufgebrochen, und man findet auch wirklich Drogen.
Wenn es wirklich so wäre, wie gezeigt, dann ärgern mich zwei Dinge am meisten:

  1. Gibt es wirklich noch Dealer, die ihre Drogen im Haus unter den Dielenbrettern verstecken?
  2. Wenn dieses "Polizeispezialkommando" einmal (und öfter!) den Falschen erwischen sollte, wer räumt seine Wohnung auf, bezahlt die neuen Fensterscheiben und neue Bodenbretter? Bestimmt nicht die Polizei.

Das also war die Einführung in den von den Medien so hochgejubelten Film "Miami Vice", der angeblich leicht verändert nach Polizeiakten gedreht sein soll. Bei den Delikten mag das ja auch stimmen, aber -au weia- das Detail! Was ich richtig verabscheue sind diese beiden saudämlichen Polizisten. Fangen wir mit 'Sonny Crockett" an: Angeblich soll Don Johnson einmal selbst kokainsüchtig gewesen sein. Gerade deshalb verstehe ich nicht, weshalb er sich für so etwas hergibt (kein Gehirn mehr übrig?), wahrscheinlich akuter Geldmangel. Aus was für welchen Gründen auch immer man seine Teilnahme an diesem Film auch entschuldigen kann - bei seiner Kleidung drücke ich kein Auge mehr zu. Männer mit aufgekrempelten Ärmeln waren für mich schon immer ein Ausdruck von legerer Spießbürgerlichkeit. Aber der Gipfel ist, keine Socken zu tragen! Jeder Dummkopf weiß, daß gerade bei warmen Wetter Socken nötig sind, sonst lauft man in seinem eigenen Schweiß. Igitt, wie ekelhaft! Seine Frau läßt sich auch von ihm scheiden, wahrscheinlich mußte sie zu viel Fußschweißgestank ertragen. Und wie kann man sich nur ein ausgewachsenes Krokodil als Bewacher seines "Haussegelbootes" einfallen lassen? Da muß jemand versucht haben, sehr originell zu sein (ha, ha). Und sein Begleitender (der von Sony Darling) ist der smarte Jamaikaner "Tapps" aus New York. Kotzübel wird mir besonders dann, wenn dieser "äußerst gerissene" Schwarze als "Schauspieler" versucht, schauzuspielern, nämlich bei diesen Dealerverhandlungsszenen in den Diskotheken. Wie dieser Mensch es nur schafft, seine Nase so verächtlich zu rümpfen - spätestens jetzt weiß jeder, daß Dealer Abschaum sein sollen.
In der Originalfassung mag dieses Naseverziehen ja den Jamaikaakzent unter streichen, aber in der deutschen Synchronisation (die ohnehin keine Ahnung vom englischen Jamaikasingsang hat, mann) sieht das ganze eben nur aus wie Naserümpfen. Und alleine wie dieser Typ aus New York nach Miami gekommen sein soll; der hat angeblich aus persönlicher Rache seinen Dienst als Polizist einfach so verlassen, um den Mörder seines Bruders in Miami zu stellen.
Und dann die Gewichtung der Drogenkonflikte: wird Alkohol, Tabak, Kaffee und ähnliches schon gar nicht erwähnt, so fällt Amphetaminmißbrauch (Speed) anscheinend unter Kavaliersdelikt, denn ein solcher Fall wurde am 17.12.86 nicht nur laufengelassen, nein, es war sogar ein recht lustiges Kerlchen, über das man herzhaft lachen konnte. Woran man ganz deutlich ablesen kann, daß wir in einer Leistungsgesellschaft leben? 0der was sollte das?
Um Kokain dreht sich alles. Das kann ja durchaus den größten Prozentteil ausmachen, aber ist das alles? Na ja, gehen wir weiter in unserem Film.
Das Besondere an dieser Serie soll ja sein, daß sie wie eine "Videoclipansammlung" wirken soll mit der ewigen Hintergrundmusik. Hier werden die Zuschauer aber wirklich verschaukelt. Der einzige Sinn der Musik in diesem Film ist, daß Amerikas ohnehin schon kranke Musikindustrie ihre platten Billigprodukte für sich selbst werben lassen kann: in Miami Vice.
Sehr geschickt machen sich diese Leute den „Supermarkteffekt“ zu nutze: Plätschernde Musik im Hintergrund um die Kaufkraft zu erhöhen und Ohrwürmer ins Ohr zu setzen. Das nennt man vollkommene Symbiose.
Fazit: Flache, spießige, bürgerliche, dumme Mittelstandscheiße!

© 1987 Ich und mein Staubsauger    [Zurück zum Titel]